Donnerstag, 4. September 2008

Heldenentweihung für Anfänger


Coverversionen, so alt wie der Rock selbst! Als Musikschaffender habe ich eine natürliche Abneigung gegen Coverbands (von mir auch gern als unkreative Nachspieler oder ähnlich Abfälliges bezeichnet), allerdings gibt es Coverversionen die durchaus grandios sind, das heisst, wenn sie gut gemacht sind und einen neuen Ausblick auf einen alten Song geben (also nicht bloß nachgespielt werden). Land of Confusion von Disturbed schiesst mir da so direkt durch den Kopf oder "Take on me" von den Emil Bulls. Aber es gibt auch den umgekehrten Weg z.B. Hurt von NIN der durchaus grandios von Johnny Cash entschärft wurde und den auch ein Jeff Martin grandios neu interpretiert, wie neulich beim Metall Schädel zu lesen war.
Dennoch regt es manche Fans dann doch immer wieder auf wenn irgendwelche "Heiligtümer" angefasst werden. Sätze wie "wie können diese Banausen es wagen xy blah blub von xy blah blubb zu covern" fallen und die Bands, die sich an solchen Heiligtümern vergreifen, werden gescholten, mit Öl übergossen, geteert und gefedert und die gesamte Fanschaft des entweihten Heiligtums würde am liebsten über die Übeltäter herfallen wie ein Haufen Ameisen über den armen Wurm der sich in ihren Ameisenhaufen verirrt hat.

Es steht nirgendwo geschrieben ab wann ein Heiligtum ein Heiligtum ist und wie groß eine Band sein muss um sich an xy vergreifen zu dürfen aber hier mal ein paar Regeln für Anfänger!

Das kleine "wir suchen einen Coversong für unsere Rockband aus" 1x1 from hell of doom und so weiter!

1. wenn du einen Song coverst, der so gar nichts mit deiner Musikrichtung zu tun hat ist das immer ok!
Kein Rocker regt sich darüber auf, wenn du dich an Popsongs vergreifst und versuchst ihnen mehr Eier zu verpassen und ihm den Rock ein zu hauchen. Die popper/hip hopper/was auch immer, können dir getrost am Arsch vorbei gehen, die hören deine Musik sowieso nicht! Das ist gleich mal die wichtigste Regel zu beginn!

Beispiele wo das gut ging:
Korn - Wicked (Ice Cube)
Mindjuice - Army of me (Björk)
Monstermagnet - Black Celebration (depeche mode)
Fall out Boy - Beat it (Michael Jackson)

fragwürdige Beispiele die aber auch ok gehen:
Stone the Crow - people are people (depeche mode)

total daneben:
wie gesagt nix, wer auf Nummer sicher gehen will nimmt einen Popsong!

2. Wenn du einen Song coverst der nicht aus einem gänzlich anderem Genre ist, ist es immer leichter ihn härter zu machen!
Reduzieren ist sehr viel schwerer deswegen such dir was nicht so hartes raus!

Beispiele wo das gut ging:
Disturbed - Land of confusion (Genesis)
Jimi Hendrix - All along the watchtower (Bob Dylan, übrigens nur zwei Jahre unterschied zwischen den Erscheinungsdaten)

Fragwürdig aber okay wären z.B. :
Helmet - Custard Pie (Led Zeppelin)
Eläkeläiset - Humppanirvana bzw. Smells like teens spirit (Nirvana)

Wo´s tierisch in die Hose ging:
Ash - Blew (Nirvana)
H-Blockx - Ring of fire (Cash)
Flyleaf - Smells like teen spirit (Nirvana)

3. To Cover heisst etwas abdecken, zudecken etc. also tu das auch!
Verändere den Song, du wirst niemals die fragile Brachialität eines Kurt Cobain in der Stimme haben, niemals den unverkennbaren Sound eines Hendrix nachbauen, also verändere den Song, pass ihn dir an, erschaffe deine eigene Version, nachspielen sollen die Nachspielbands, technisch betrachtet gibts da zwar auch ganz gute Leute aber was die machen ist eigentlich nur nachspielen und nicht covern.
Ach und nur so nebenbei, etwas so schlecht nach zu spielen, dass es keiner mehr erkennt gilt nicht!!!



4.Überleg dir ob du würdig bist!
Grundsätzlich gilt je bekannter, aktueller und beliebter ein Song ist und je ähnlicher deiner Musikrichtung (siehe Punkt1) desto höher die Warscheinlichkeit, dass man dich dafür zerreisst!
Vorsicht bei zeitlosen Stücken (Stairway to heaven oder sowas)! Überlegungen die an dieser Stelle wichtig wären und die man sich selbst ehrlich beantworten sollte.
- ist mein skill am Instrument höher oder gleich dem des Orginals oder etwa wesentlich geringer?
- macht meine Version den Song wirklich besser oder will ich nur von der Bekanntheit des anderen profitieren?
- haben den Song schon 1000 andere gecovert?
- und zu guter letzt, bin ich gut, orginell oder dreist genug um eine oder mehrere dieser Regeln zu mißachten? (wie z.B. Johnny Cash der einen NIN Song runterreduziert weil er einfach gut genug ist oder Mambo Kurt der alle anderen Regeln strikt einhält und durch seinen eigene Virtuosität und Orginalität Punkt 4 ausgleicht etc. etc.)


Grandiose Mißachtungen wären z.B. ein Küblböck, der versucht Frank Sinatra zu singen oder Linkin Park, wenn sie versuchen Deftones Songs zu covern ...


Wenn du das alles beachtest, sollte nichts weiter schiefgehen, falls nicht, sag nicht ich hätte dich nicht gewarnt!


Das sind Zitate die Leute in entsprechenden Foren über furchtbare Coverversionen losgelaseen haben:


"Beim Hören dieser Cover-Versionen rollen sich mir Fuß- und Fingernägel hoch"


"ich kann es bis heute nicht verstehen, wie die Rechteinhaber diese Greueltat erlauben konnten. Das hat aber absolut gar nichts mit Rock'n'Roll zu tun."


etc. etc.


übrigens ...



Seit Mitte der 1980er Jahre hat sich der Anteil von Coverversionen in Deutschland mehr als verdreifacht.
Seit 1996 ist jeder 5. aktuelle Hit, der im Rundfunk oder Musik-TV gespielt wird, eine Coverversion.
Die durchschnittliche “Cover-Quote” liegt seit 10 Jahren bei 20%, in Spitzenjahren wie z.B. 2003 sogar bei 25%.











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